Umgang auf Augenhöhe mit GoBanyo
Was ist die Entstehungsgeschichte? Woher kam die Motivation, GoBanyo zu gründen?
Menschen, die auf der Straße überleben müssen, haben kaum Zugang zu sauberen und sicheren Sanitäranlagen. Wir wollten mit einer mobilen Lösung dorthin, wo Duschen und Toiletten, sowie Pflegeprodukte und neue Unterwäsche dringend benötigt werden. Unser Mitgründer und Botschafter Dominik hat außerdem selbst zehn Jahre immer wieder auf der Straße überleben müssen und weiß aus eigener Erfahrung, wie dringend das Bedürfnis nach Körperhygiene vor allem auf der Straße ist.
Was sind die größten Veränderungen seit dem Beginn eurer Arbeit?
Die größten Veränderungen sind, dass vor allem in Hamburg das Thema Körperhygiene und Gesundheitspflege präsenter sind – nicht nur im Stadtgespräch, sondern auch an runden Tischen von Politik und Behörden. Seitdem wir unsere Arbeit machen – im Kern die Sanitäranlagen, aber auch Bildungs- und Kommunikationsarbeit – hat Hamburg die Anzahl öffentlicher Sanitäranlagen erhöht. Vor allem der kostenlose Zugang zu WC-Anlagen wurde ausgebaut.
Wie ist die Resonanz der Bevölkerung in Hamburg?
Diejenigen in der Bevölkerung, die sich kaum mit der Problematik der Obdachlosigkeit auskennen, wissen oft nicht, dass der Zugang zu Sanitäranlagen eine große Herausforderung für Menschen auf der Straße darstellt. Häufig bekommen wir das Feedback, dass unser Claim »Waschen ist Würde« sehr viel zum Nachdenken angeregt hat. Unser Duschbus wird sowohl von Behörden, als auch von der unmittelbaren Bevölkerung für wichtig erachtet – zumindest in unserer Wahrnehmung.
Was gehört zu den größten Hürden bei der Versorgung von obdachlosen und wohnungslosen Menschen?
Eine der größten Hürden ist es, dass es nicht genug fachkundige Begleitpersonen gibt, die individuelle Hilfsmöglichkeiten bieten, wie zB. intensive Wohnungssuche, Amtsgänge oder die Begleitung zu medizinischen Versorgungen. Die (Straßen)sozialarbeitenden, die wir in Hamburg haben, begleiten in der Regel bis zu 50 Personen pro Woche – da bleibt wenig Zeit für individuelle Begleitung. Aus unserer Sicht muss der Schlüssel von Begleitperson zu Individuen deutlich gesenkt werden, damit nachhaltige Hilfe stattfinden kann. Denn: Auf der Straße beginnst du jeden Tag wieder bei Null.
Welche Erfolge konntet ihr in eurer Arbeit feststellen?
Für uns ist jede Person, die sich wieder wohl in ihrer Haut fühlt, ein Erfolg. Bisher konnten wir dieses Gefühl über 22.000 Mal bestärken – so häufig wurde bei uns geduscht, wurde neue Unterwäsche rausgegeben, wurde bei einem heißen Kaffee geklönt. Besonders freuen wir uns, wenn wir über die Gesundheitspflege hinaus helfen können: zB. mit der Vermittlung in Wohnprojekte, in adäquate medizinische Versorgung, mit unserem Netzwerk, mit Jobs.
Wie seht ihr die medizinische Versorgung von obdachlosen und wohnungslosen Menschen?
Deutlich unzureichend. Zum einen haben viele Menschen auf der Straße keine Krankenversicherung und somit keinen Zugang zum regulären Gesundheitssystem. Zum anderen werden Menschen ohne festen Wohnsitz nur notdürftig versorgt – es erfolgen keine nachhaltigen Langzeitbehandlungen. Es gibt kaum Therapiemöglichkeiten und zu wenig voll ausgestattete Praxen, die auch Menschen ohne KV versorgen.
Einige unserer Duschgäste trauen sich nicht – nicht mal nach der Dusche – medizinische Hilfen aufzusuchen. Die Barrieren sind zu hoch: Termine sind häufig nur online zu haben, du musst telefonisch erreichbar sein oder ein Ticket für Öffis haben, um dorthin zu kommen. Die wenigen medizinischen Mobile, die in Hamburg unterwegs sind, müssen eine Vielzahl von Menschen versorgen. Dabei sind es keine voll ausgestatteten Praxen, sondern sie sind meistens nur für Wundversorgung oder oberflächliche Behandlungen ausgestattet.
Welche Unterstützung wünscht ihr euch?
Wir wünschen uns, dass niemand auf der Straße schlafen, essen, duschen oder medizinisch versorgt werden muss. Dass alle den bedingungslosen Zugang zu Wohnraum und zum Gesundheitssystem bekommen. Bis es soweit ist, brauchen wir tatkräftige Unterstützung direkt am Duschbetrieb oder auch in der Bildungsarbeit. Je mehr Menschen daran mitwirken, desto mehr Menschen können erreicht werden und sozialpolitische Veränderungen bewirken.