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Sprachunterstützte Behandlungen mit Triaphon

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Was genau ist Triaphon?

Triaphon ist eine gemeinnützige Organisation (gGmbH), die das Ziel verfolgt, Sprachbarrieren in dem medizinischen Bereich abzubauen um eine bedarfsgerechte medizinische Versorgung für fremdsprachige Patient*innen sicherzustellen. Dank unserer Dolmetsch-Hotline können medizinische Einrichtungen niederschwellig und rund um die Uhr Sprachmittlung in bereits neun Sprachen (Arabisch, Bulgarisch, Farsi/Dari, Polnisch, Rumänisch, Russisch, Türkisch, Ukrainisch und Vietnamesisch ) erhalten. Eine jederzeit verfügbare Sprachmittlung im Gesundheitswesen  ist – nach unserer Ansicht – eine zwingend notwendige Voraussetzung. Hierfür macht sich Triaphon seit Gründung stark und setzt sich auch politisch dafür ein.

Triaphon Teamfoto
Triaphon Teamfoto (Quelle: Triaphon)

Wie kamt ihr zusammen?

Zwei Mediziner*innen, Dr. Lisanne Knop und Dr. Korbinian Fischer gründeten Triaphon vor sechs Jahren, um mit möglichst einfachen Mitteln eine Versorgungslücke zu schließen. Die fehlende Verfügbarkeit von qualifizierten ad-hoc Dolmetscher*innen bei ihrer täglichen Arbeit besonders in Notfallsituationen, brachte sie auf die Idee, Triaphon – eine medizinische Dolmetsch-Hotline -, aufzubauen. Triaphon wurde entwickelt, um das gesamte medizinische Personal bei der Kommunikation mit Patient*innen mit Sprachbarriere zu unterstützen und somit die medizinische Versorgung dieser Patient*innen zu verbessern.

 

Wie wichtig ist Sprache im Ärzt*innen / Patient*innenverhältnis? Welche Auswirkungen kann ein disfunktionales Kommunikationsverhältnis zwischen beiden haben?

Eine effektive Kommunikation ist für nahezu jeden Patientenkontakt essenziell (Diagnose, Therapie, Prävention etc.) und die Grundlage einer modernen medizinischen Versorgung. In der Behandlung von Patient*innen mit Migrations- oder Fluchthintergrund kommt es bei fast jedem Patientenkontakt zu Verzögerungen in sonst routinierten Abläufen, die Behandlung erfolgt nicht zielgerichtet. Bei nicht deutschsprachigen Patient*innen kommt es vermehrt zu Fehl-, Unter- und Überversorgung. Neben diesen Aspekten ist anzumerken, dass eine mangelhafte Kommunikation zu negativen ökonomischen Folgen führt (Opportunitätskosten, Personalkosten, Sachkosten) und potenziell gesundheitsgefährdende Auswirkungen haben kann.

Wie funktioniert eure Arbeit? Wie viele Menschen seit ihr mittlerweile?

Triaphon ist dezentral organisiert und hat ihren Firmensitz in Berlin. Das Organisationsteam besteht inzwischen aus sieben Mitarbeiter*innen. Von Schichtüberwachung über Kund*innenbetreuung, sowie Durchführung von einigen Projekten sind die Aufgaben sehr vielseitig. Aber das Herzstück von Triaphon ist die große Community von engagierten mehrsprachigen Menschen, die für medizinisches Personal verschiedenster Einrichtungen dolmetschen. 

Die von uns geschulten ca. 150 Sprachmittler*innen sind rund um die Uhr erreichbar. Für unsere Sprachmittler*innen ist Triaphon eine Web-Applikation, worüber sie sich in eigene Accounts für Bereitschaftszeiten eintragen können. Die Telefonanlage ist mit dieser Web-Applikation – dem digitalen Schichtmanagement – verbunden, so dass bei einem eingehenden Anruf und nach Auswahl der gewünschten Sprache, all jene Sprachmittler*innen angerufen werden, die momentan im System als „zum Dolmetschen verfügbar“ angemeldet sind.

Triaphon Gruppenbild
Triaphon-Team, Sprachmittler*innen und Freunde (Quelle: Triaphon)

Wie häufig werden eure Dienste in Anspruch genommen?

Seit Triaphon-Gründung (2017) konnten bereits 45.000 mal in gedolmetschten Gesprächen Patient*innen mit Sprachbarriere eine Stimme gegeben werden. Die Nutzung von Triaphon wächst von Jahr zu Jahr, aktuell sind wir bei ca. 1.300 gedolmetschten Anrufen im Monat, 2021 waren wir noch bei ca. 900 Anrufen.

Könnt ihr einen Unterschied zwischen Städten und ländlicheren Regionen feststellen? Oder ein West-Ost-Gefälle?

Ja, es gibt in der Tat einen Unterschied zwischen Großstädten und ländlicheren Regionen. Triaphon wird am meisten in großen Ballungsräumen genutzt. Dort befindet sich der Großteil unserer Kunden. Als Beispiel gilt hier Berlin, der Anteil der Einwohner mit Migrationshintergrund in Berlin liegt bereits bei über 35 Prozent, über 25% unserer medizinischen Kund*innen, sowie die meisten Sprachmittler*innen sind hier ansässig.

Konntet ihr in eurer Arbeit bereits positive Veränderungen in der Zusammenarbeit mit Ärzt*innen feststellen?

Auf jeden Fall. Das positive Feedback, welches wir von den medizinischen Einrichtungen bekommen, zeigt uns, dass die Leistung vom medizinischen Personal gerne in Anspruch genommen wird. Die Ergebnisse unserer Nutzerumfrage belegen zudem, dass Triaphon vom medizinischen Personal als sinnvoll und erleichternd für die tägliche Arbeit erlebt wird.

Aus Sicht der Patient*innen führt der Einsatz von Triaphon zu einer Stärkung der Patient*innenrolle. Denn nur mittels einer funktionierenden Kommunikation und Aufklärung können die Patient*innen in den Prozess der Diagnostik und Therapie einbezogen werden.

Wie kann mensch bei euch mitmachen?

Interessierte medizinische Einrichtungen melden sich am besten unter anfrage@triaphon.org bei uns. Je nach Sprachmittlungsbedarf in der Einrichtung versenden wir ein passendes Angebot. Weitere Informationen zu Triaphon finden Sie auf: https://triaphon.org/

Vor der Erstnutzung wird das medizinische Personal zu den wichtigsten Aspekten zur Nutzung von Triaphon geschult. Darüber hinaus ist unsere Dolmetsch-Hotline kostenpflichtig. Durch die Minutenpreise sind wir in der Lage, unsere laufenden Kosten für Personal, Sprachmittler*innen, IT, Miete etc. zu decken. Um Triaphon in seiner jetzigen Form anbieten zu können, sind wir dennoch nach wie vor auf zusätzliche Fördergelder angewiesen.

Was wünscht ihr euch für die Zukunft?

Wir möchten den Zusammenhalt unserer Gesellschaft stärken und Diskriminierung entgegenwirken. In dem sehr arbeitsverdichteten und sensiblen Gesundheitsbereich begegnet man relativ häufig Formen und Auswirkungen von Diskriminierung. Wir bemühen uns vom Anfang an auf der politischen Ebene um die Übernahme der Sprachmittlungskosten im medizinischem Kontext durch die Krankenkassen. Der dadurch vereinfachte Zugang zu Sprachmittlung für Mediziner*innen, aufgrund der Übernahme der Kosten, würde – unserer Meinung nach – die Sensibilisierung für die Themen Interkulturalität, Sprachbarriere und Medizin in den medizinischen Einrichtungen deutlich fördern.