Anonym und sicher testen lassen mit S.A.M health
- Sara Grzybek
- Köln
Wer steht hinter Sam Health und seit wann gibt es euch?
s.a.m health hat 2018 in München als kleines Projekt begonnen. Die Münchner Aids-Hilfe, die Deutsche Aidshilfe und ViiV healthcare haben es gemeinsam entwickelt. Damals musste man noch aktiv in einen Checkpoint gehen um ein Erstgespräch durchzuführen und sein erstes Testkit zu erhalten. Folgetestkits konnten dann per SMS bestellt werden und wurden per Post aus München an die Nutzer*innen gesendet. Seit 2020 geht alles ganz entspannt telefonisch und der Versand der Testkits erfolgt zentral aus Berlin.
Was war die Motivation dieses Projekt ins Leben zu rufen?
Mit s.a.m health wollten und wollen wir es Menschen ermöglichen sich jederzeit und in gewohnter Umgebung testen zu lassen. Insbesondere dort, wo die Infrastukur eine Testung vor Ort nicht zu lässt. Beispielsweise weil die nächste Teststelle sehr weit entfernt ist und ein Besuch mit langen Fahrtzeiten verbunden ist. Wir wollen es Menschen möglichst leicht machen, sich testen zu lassen. Denn HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen sollten so schnell wie möglich diagnostiziert und behandelt werden.
Eine weitere Motivation ist mittlerweile Menschen Testkits zu annehmbaren Preisen anbieten zu können. Wir bieten unseren Service zum Selbstkostenpreis an. Zugleich können wir auch kompetente Beratung anbieten – viele Nutzer*innen schätzen das sehr.
Wie wird das Thema deiner Meinung nach in der Aufklärung repräsentiert? Habt ihr den Eindruck, dass sich das Wissen um STIs verbessert oder verschlechtert haben in den letzten Monaten und Jahren?
In den letzten Jahren hat sich rumgesprochen, dass es wichtig ist, sich auf Geschlechtskrankheiten checken zu lassen. Immer mehr Leute wissen, dass man das auch zuhause erledigen kann. Und zwar
in Laborqualität wie in einer medizinischen Einrichtung. In den Beratungsstellen, zum Beispiel in Aidshilfen oder Gesundheitsämtern, werden Einsendetests als Option genannt, insbesondere für Menschen, die lange Anfahrtswege haben. Im Gesundheitssektor insgesamt wird das Thema noch nicht ausreichend wahrgenommen.
Leiter reden auch viele Ärzt*innen nicht über Geschlechtskrankheiten und die Sexualität der Patient*innen.
Wenn Ärzt*innen Tests anbieten, dann übrigens manchmal sogar zu viel. Es gibt symptomfreie Infektionen, die nicht behandlungsbedürftig sind – dementsprechend kann man sich auch den Test sparen. Bei uns wird auf die Infektionen getestet, die auch behandelt werden sollten.
Was gehört zu den größten Herausforderungen aktuell?
Unsere aktuell größte Herausforderung ist das Thema Einsendetest noch bekannter zu machen. Insbesondere bei den Menschen, die ein Risiko haben sich mit einer sexuell übertragbaren Infektion zu infizieren, sich jedoch aus Scham oder anderen Gründen nicht zum Test trauen oder schon negative Erfahrungen im Gesundheitssystem gemacht haben.
Was wünscht ihr euch von Allies/ Nicht Betroffenen? Was sind eure Erfahrungen wie Nicht Betroffene mit dem Thema umgehen?
Ganz klar: Sexuell übertragbare Infektionen sollten ein Thema sein, über das wir alle entspannt miteinander sprechen können. Wer sich mit HIV oder einer Geschlechtskrankheit infiziert hat, darf nie verurteilt oder ausgegrenzt werden. Wichtig ist zu signalisieren: Das kann passieren, es ist kein Grund sich zu schämen. Allies können widersprechen, wenn etwas schief läuft und selber mit gutem Beispiel vorangehen, indem sie zeigen: Ich bin bei diesem Thema entspannt, offen, unterstützend!
Wie kann man euch unterstützen?
Da gibt es viele Möglichkeiten! Du kannst uns auf Instagram folgen oder Flyer und Aufkleber bestellen und bei Events, wie z. B. Swingerparties, verteilen.
Wer möchte, kann mit einer Spende den s.a.m health Sozialfonds unterstützen. Dies ermöglicht Menschen mit wenig Geld den Test zum ermäßigten Preis. Der Eigenanteil beträgt dabei 10€ je Testkit.
Zur Finanzierung dieses Angebots sind wir von Spenden abhängig. Je mehr wir erhalten, desto mehr Menschen können wir unterstützen, sich testen zu lassen und damit ihre Gesundheit zu schützen.
Hinweis: Interviewt wurde Sebastian Kimmel, Projektkoordinator von s.a.m health.
Selbsttest: Was erwartet dich, wenn du ein s.a.m Testkit nach Hause bekommst?
Diesen Sommer habe ich in Rücksprache mit der Deutschen Aidshilfe und dem s.a.m health – Projekt einen Selbsttest erhalten. Hier erkläre ich dir, wie der Ablauf aussieht und was du beachten solltest.
Der Ablauf
Zuerst habe ich das Test-Kit auf der Website von s.a.m. health bestellt. Der Ablauf ist einfach und selbsterklärend:
- Gib dein Geburtsdatum und deine Postleitzahl an.
- Du wirst gefragt, ob du in den letzten drei Tagen eine mögliche HIV-Infektion hattest.
- Es folgen Fragen zu deinem Geschlecht und dem deiner Sexualpartner*innen. Diese Fragen sind allerdings noch nicht queer- oder transsensibel.
- Du wirst auch gefragt, wann du zuletzt auf sexuell übertragbare Infektionen (STIs) getestet wurdest.
Der letzte Schritt in diesem Prozess ist die Kontaktaufnahme mit einer Beratungsstelle, die mit dem Projekt s.a.m Health kooperiert.
Dabei ist mir aufgefallen, dass es noch relativ wenige Beratungsstellen gibt, die mit dem Projekt zusammenarbeiten. Von Köln aus war die nächste kooperierende Beratungsstelle in Frankfurt am Main. Schließlich habe ich mit der Beratungsstelle in Berlin telefoniert, die auch Videosprechstunden, Vor-Ort-Termine oder Chatberatungen anbietet. Dort wird noch einmal nach bekannten Infektionen gefragt, damit diese bei der Untersuchung auch bekannt sind.
Beratung und Anonymität
Gut fand ich, dass nach der Verifizierung der Handynummer per SMS die gesamte weitere Kommunikation über SMS läuft. So bleibt man anonym und hat auch die Möglichkeit, sich die Testergebnisse später an eine andere Nummer schicken zu lassen.
Das Beratungsgespräch mit der kooperierenden Aidshilfe selbst dauerte nur wenige Minuten. Es ist aber wichtig, da alle möglichen Fragen gestellt werden. Das alles geschieht im Rahmen der Schweigepflicht. Nur der Code, den du per SMS bekommst, ist wichtig, damit du als Person anonym mit deinen Testergebnissen in Verbindung gebracht werden kannst.
Das erste Testkit kostet 75€, die darauf folgenden jeweils 59€.
Inhalt des Testkits und Probenentnahme
Das Kit enthält:
- Anleitungen für alle Tests
- Die benötigten Materialien für die Probenentnahme
- Einen frankierten Rückumschlag für die Rücksendung der Proben
Nach dem Gespräch und der Bezahlung wird der Umschlag an die bei der Bestellung angegebene Adresse geschickt. Es ist ein unscheinbarer weißer Umschlag mit einer Absenderadresse, die nicht sofort erkennen lässt, woher der Umschlag kommt. Somit kommt eigentlich niemand auf den ersten Blick darauf, was sich im Umschlag befinden könnte.
Es sind vier Proben zu nehmen:
- Eine Blutprobe für HIV und Syphilis.
- Orale, rektale und vaginale Abstriche für Chlamydien und Gonorrhoe.
- Bei Personen mit Penis: Urinprobe mit einem „Peecanter“ und Probenröhrchen.
Für jede Probenart gibt es eine ausführliche Anleitung, und teilweise auch Videoanleitungen.
Für die Blutentnahme liegen sogenannteso genannte Stechhilfen bei. Diese lösen automatisch aus, wenn man auf den Finger drückt, und die Lanzette springt dann automatisch wieder hinein. Man muss sich also nicht selbst in den Finger stechen, wovor manche Menschen Angst haben. Es istAlso nur ein “kleiner Pieks” und alles ist vorbei. Manche kennen das vielleicht bereits vom Blutspenden oder bei Handgeräten zum Messen des Blutzuckerspiegels. Besonders gut fand ich, dass genug Materialien vorhanden sind, um den Vorgang gegebenenfalls mehrmals durchzuführen.
Die Blutentnahme ist manchmal etwas unangenehm, aber für mich war es nicht schmerzhaft. Es war nur ein bisschen kompliziert, weil es eine Weile dauert und man ein bisschen Genauigkeit braucht, um das Röhrchen voll zu bekommen.
Die entnommenen Proben werden dann ins Labor geschickt. Achte darauf, das Testkit vor Ablauf des Verfallsdatums zu verwenden.
Testergebnisse
Sobald deine Proben im Labor eingetroffen sind, erhältst du eine SMS. Die Analyse dauert bis zu 7 Tage. Du könntest darauf hingewiesen werden, die Einstellungen deines Smartphones zu ändern, um Push-Nachrichten auszublenden, falls du dir Sorgen um deine Privatsphäre machst.
Anschließend erhältst du das Ergebnis. Sollte das Ergebnis positiv sein oder sollten Komplikationen auftreten, wirst du per SMS kontaktiert, um die nächsten Schritte mit einer Beratungsstelle zu besprechen.