4 Jahre Queermed. Ein persönlicher Recap
Ich wache auf und manchmal vergesse ich, wie groß Queermed eigentlich geworden ist. So wirklich. Bis ich den Queermed Otter Sam auf dem Rücken von meinem Laptop sehe. Oder die Veranstaltungsposter von Queermed an der Tür. Oder die ganzen Preise auf einem kleinen Regal in meinem Wohnzimmer. Wow. Uff.
Natürlich hat es viel damit zu tun, dass Queermed hauptsächlich digital funktioniert. Es gibt kein eigenes Büro, es gibt kein hauptamtliches Team. Ich mache es zum größten Teil immer noch alleine von zuhause aus neben meinem Vollzeitjob (und aller Hobbies, Projekte und sonstiger Geschichten während ich mich bemühe meine sozialen Kontakte zu halten).
Queermed wäre nie zu dem geworden, was es heute ist, hätte ich mich selbst nicht so getrieben. Getrieben dazu, Strukturen, Labels, Institutionen täglich zu hinterfragen. Mich selbst zu hinterfragen. Und selbst immer wieder meine eigenen körperlichen und mentalen Grenzen und Kapazitäten zu missachten und mehr zu tun.
So viel zu arbeiten, jeden Tag, selbst im Urlaub nur Zeit dafür aufzuwenden, um an neuen Ideen zu arbeiten, neuen Kollaborationen, Austauschen zu Forschungsprojekten und so vieles mehr. Ich reise so viel wie bisher nie zuvor. Um Vorträge und Workshops zu geben, auf Podien mit zu sitzeb, neue Kontakte knüpfen kann, mich alleine an Tische mit Queermed Material zu stellen, eigene Events veranstalten.
Weil die Resonanz so immens war und immer noch ist. Menschen erzählen mir, sie sind jahrelang in keiner Praxis gewesen, aus Angst vor schlechten Erfahrungen. Und mit Queermed haben sie sich wieder getraut. Es nochmal probiert. Sie haben keine Therapeut*innen gesucht, weil ihnen davor niemand geglaubt hat, ihre Erfahrungen und Lebensrealitäten abgesprochen haben. Mir ungefiltert die heftigsten und intimsten Geschichten erzählen, Ereignisse, die ihnen widerfahren sind. Oder ihren Liebsten. Ihren Beziehungsmenschen, ihren Eltern, ihren Friends.
Ich musste auch Dinge einstecken. Weil es Leute da draußen gab und gibt, denen Queermed und meine Arbeit nicht reicht. Oder deren Sinn nicht sehen.
Oder Queermed nicht radikal genug ist. Nicht offensiv genug. Nicht laut genug. Nicht genug tut. Die meisten dieser Stimmen eben aus den Communities selbst.
Ich sehe und spüre den Schmerz und die Verzweiflung in diesen Aussagen. Weil sich so immens wenig tut im Vergleich zu dem, was so viele Menschen seit Jahren fordern. Und es nicht besser zu werden scheint. Die Leute haben Angst, sind verzweifelt, müde, krank.
Weswegen ich verstehe, warum der Anspruch so hoch ist.
Und ich weiß es hängt auch an meinem Perfektionismus zusammen. Dass mein Anspruch an die Website, die ich selbst ohne jegliche Vorkenntnisse in dem Bereich gebaut habe, der Anspruch an mich selbst und an der Projektidee so immens waren, dass viele Leute immer noch denken, hinter Queermed stecke ein ganzes Team. Egal wie oft ich auf Bühnen, in Podcasts oder Interview aufkläre, dass dies nicht der Fall ist. Und ich über jede Jobbewerbung erstaunt bin, obwohl eine 2 minütige Suche auf der Website Aufklärung bieten könnte, dass Queermed keinerlei Förderung erhält.
Queermed wäre nie so groß geworden, wenn es nicht die ganze ehrenamtliche Unterstützung gegeben hätte.
Queermed wäre nie so groß geworden, wenn sich nicht Journalist*innen, Content Creator*innen, Streamer*innen und sonstigen Medienschaffenden für das Thema interessiert hätten, vor allem auch außerhalb des Pride Months und außerhalb der queeren Bubble. Queermed wäre nie so sichtbar geworden durch die ausdrucksstarken Bilder von Veranstaltungen oder dem kreativen Support im Design. Ein Wiedererkennungsmerkmal. Queermed wäre nie so standfest eine eigene Organisation geworden ohne die Unterstützung einer Buchhalterin mit einer schier unendlichen Menge an Geduld und Wissen. Queermed wäre nie so bekannt geworden durch all die Menschen, die ihre Reichweite für Queermed eingesetzt haben.
Mein Dank gilt so vielen Menschen da draußen, ohne die Queermed nie das geworden wäre, was es heute ist. Es ist nur durch euch alle da draußen so groß geworden, so hilfreich, so notwendig.
Ich hoffe und arbeite weiterhin für eine Zukunft, wo es Queermed nicht mehr brauchen wird. Solange ich kann.
Achtet auf eurer Ausdauer, auf eure Gesundheit, auf eure Energie, wie ich es mit meiner versuche und lasst uns weiter machen.
Viele Grüße
Samson
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